DER KATHOLISCHE FRIEDHOF AM GLUCKENSTEINWEG

 

Nach der Einführung der Reformation in Homburg (1526/1527) gab es keine Katholiken mehr. Landgraf Friedrich II. verkündete 1698 „Privilegia und Freyheit für den Frembden“, so dass sich auch wieder Katholiken in der Stadt niederließen. Sie besuchten die Gottesdienste in der katholischen Pfarrei Kirdorf. 1812 mieteten die Homburger Katholiken die Jakobskirche in der Dorotheenstrasse. 1836 wurde diese Gemeinde zu einer Pfarrkuratie erhoben, die seelsorglich von Kirdorf betreut wurde.

1853 wurde das Friedhofsgelände am Gluckensteinweg, ein Acker von einem Morgen und 25 Ruthen, erworben. Die landgräfliche Regierung gab 1853 ihre Zustimmung zur Anlage eines Friedhofs.

 

In der Zeit von 1854 – 1856 wurde das Gelände zu einem Friedhof umgestaltet und ummauert.

 

Die Einweihungsfeier des katholischen Friedhofs fand 1857 statt. Landrat Des-Noyer teilte am 8. September 1857 Landgraf Ferdinand mit, dass Bischof Emmanuel Freiherr von Ketteler aus Mainz am Abend eintreffe, um am nächsten Morgen die Einweihung des neuen katholischen Friedhofs zu vollziehen. Von dort aus zog der Mainzer Bischof mit den Katholiken in einer Prozession in die katholische Kirche, die Jakobskirche in der Dorotheenstrasse. Es heißt in der Chronik, dass es eine solche Prozession in Homburg noch nie gegeben habe. Nach Anfrage des Landrats, ob dem etwas entgegenstünde, sah Landgraf Ferdinand keinen Hinderungsgrund.

Seit dem Jahr der Einweihung des Friedhofs 1857 wurde hier bis 1964 beerdigt. Pfarrer Otto Reuter, Pfarrer in St. Marien, ließ den Friedhof 1964 schließen. 1986 entschloss sich der Verwaltungsrat St. Marien unter Pfarrer Hans Willig den Friedhof wieder unter kirchlicher Verwaltung zu öffnen. Hier war es vor allem das Verdienst von Josef Gruissem, das Beste aus dem Friedhof zu machen. Der Friedhof wurde instand gesetzt und ein Gräberplan angelegt. Außerdem wurde die von Louis Jacobi seinerzeit schon vorgesehene Apsis angebaut.

 

2005 entschloss sich der Verwaltungsrat St. Marien, zunächst das Friedhofsgelände zu renovieren, die Ummauerung instand zu setzen und eine Einfriedung in Richtung Westen vorzunehmen.

 

Ein Kuratorium „Katholischer Friedhof Bad Homburg“ wurde gebildet aus Verwaltungsrat, Pfarrgemeinderat, Förderverein St. Marien und der Friedhofsverwaltung, um die anstehenden Sanierungsmaßnahmen zu betreuen. Zuerst wurden substanzerhalteden Maßnahmen durchgeführt. Die Dachentwässerung ist nun an eine Zisterne angebunden, die einen Brunnen für die Bewässerung der Gräber speist.

 

Die Kreuzigungsgruppe in der Mitte des Friedhofs „Kreuz Jesu Christi mit Maria und Johannes“ wurde renoviert, die Anlage der Priestergräber von St. Marien erneuert. Hier hat auch Pfarrer Alexander Menzel, der Erbauer der Friedhofskapelle und der Pfarrkirche St. Marien seine letzte Ruhestätte gefunden.

 

Heute hat der Friedhof ca. 300 Grabstätten. Jährlich werden ca. 30 Menschen unterschiedlicher Konfessionen hier bestattet. Viele ehemalige Priester und Ordensleute (Schwestern der Göttlichen Vorsehung und Maria-Ward-Schwestern) sowie bedeutende Bad Homburger Bürger, wie das Ehepaar Jenny und Dr. Robert Baumstark und Johannes Nehring, sind auf dem Friedhof bestattet.

 

Die Begräbniskultur, so sagen Wissenschaftler, ist ein entscheidendes Zeichen der Erdgeschichte. Dort, wo deutlich ist, dass tote Leiber bestattet werden, nimmt man an: Es handelt sich um Wesen, die sich über Leben und Sterben Gedanken gemacht haben.

 

Begräbnisse entsprechen der Würde des Menschen und zeugen, dass die Gemeinschaft der Lebenden eine „Kultur“ hat.

Der renovierte katholische Friedhof soll auch in Zukunft Ort der Besinnung, der Erinnerung und der christlichen Hoffnung auf die Auferstehung der Toten sein – so wie es die biblische Botschaft verkündet:

 

„Christus ist von den Toten auferweckt worden als erster der Entschlafenen“. Da nämlich durch einen Menschen der Tod gekommen ist, kommt durch einen Menschen auch die Auferstehung der Toten. Wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden (1 Kor 15, 20 – 22).

 

 

 

 

DIE FRIEDHOFSKAPELLE AUF DEM KATHOLISCHEN FRIEDHOF IN BAD HOMBURG

 

Nachdem seit 1857 auf dem katholischen Friedhof Begräbnisse stattfanden, wurde in den Folgejahren eine Friedhofskapelle geplant.

Der erste Bauplan einer Friedhofskapelle stammt von 1876 und wurde am 28. Oktober 1878 vom Bischöflichen Ordinariat in Mainz genehmigt. Der Homburger Stadtbaurat Louis Jacobi (1836 – 1910) war der Architekt des neugotischen Gebäudes, das die gleiche aufwendige und formschöne Inkrustationsverkleidung hat, wie das Haus von Jacobi in der Dorotheenstrasse. Auf diesem Plan ist der Grundriss der Kapelle mit Apsis zu erkennen. Ebenfalls ist eine Krypta unter der Kapelle geplant.

 

1878 wurde ein neuer Bauplan von Pfarrer Alexander Menzel und Louis Jacobi erstellt. Hier fehlt die Apsis. Der Kapellenbau ist unterkellert. Im linken südlichen Teil befindet sich ein Nachbau des Heiligen Grabs von Jerusalem. Für diese Veränderungen des ersten Bauplans der Friedhofskapelle könnte es folgende Gründe gegeben haben:

Der Homburger Pfarrer war 1876 noch auf der Suche nach Geldmitteln. Gleichzeitig sammelte er schon seit einigen Jahren für den Bau der großen Marienkirche. Eine Friedhofskapelle war aber zunächst vordringlicher, weil die Trauerfeiern unter freiem Himmel stattfinden mussten. So hatte Pfarrer Menzel sicher das Ehepaar Jung Anfang 1878 zur Stiftung der Kapelle gewinnen können. Johannes und Rosalie Jung erklärten sich dazu bereit, wenn sie nach ihrem Tode in der Krypta bestattet würden, und zwar neben dem Nachbau des Grabes Jesu Christi. Beide Stifter sind in der Krypta bestattet worden, 1880 Rosalie Jung, 1890 Johannes Jung.

 

Erst 1989 wurde die von Louis Jacobi geplante Apsis angebaut und von Pfarrer Hans Willig eingeweiht. Heute geht man acht Stufen zur Friedhofskapelle hinauf und wird von einem Relief des wiederkommenden Christus über dem Portal empfangen. Durch die sanierte alte Eichentüre gelangt man in das Innere der Kapelle. Hier fällt der Blick auf das große Kreuz in der Apsis. Es ist ein Geschenk der Maria-Ward-Schwestern, die nach der Kapellenrenovierung im Dreikaiserhof das Kreuz als Dauerleihgabe der katholischen Pfarrgemeinde St. Marien für die Friedhofskapelle zur Verfügung gestellt haben. Es ist ein Werk des Bildhauers Georg Schichtel - dem Vater des langjähigen Pfarrers von Heilig Kreuz Georg Schichtel.

Der Bad Homburger Kunstmaler Rudolf Fuchs verschönerte die Wände der Friedhofskapelle 1929 durch zwei Fresken, und zwar die Grablegung Jesu über dem Eingang und die Auferstehung Jesu Christi an der provisorischen Wand hinter dem Bogen. So ist es schriftlich überliefert.

 

Das Bild mit der Grablegung existiert heute noch, das Auferstehungsbild verschwand im Zuge des Apsisanbaus. Über dem Bogen steht der lateinische Spruch HAEC EST VICTORIA, QUAE VINCIT MUNDUM; FIDES NOSTRA. 1 Joh. 5,4 („Dies ist der Sieg, der die Welt besiegt, unser Glaube“); links der Apostel Johannes, rechts ein Engel.

Rechts und links des Durchgangs zur Apsis sind seit November 2010 Ikonen angebracht worden: rechts eine Ikone der Mutter Gottes von der Immerwährenden Hilfe. Sie soll an das Bildnis der Mutter Gottes, der Homburger Pieta aus der Zeit um 1380 erinnern, die bis 1929 in der Kapelle ihren Platz hatte, links die Ikone des Heiligen Michael, der Patron der Sterbenden.

Die Osterkerze vorne rechts erinnert an den christlichen Auferstehungsglauben und brennt bei allen Trauerfeiern und Gottesdiensten in der Kapelle.

Im Dachreiter der Kapelle hängt eine historische Glocke mit dem Ton gis’, die 1878 in der Glockengießerei A. Hamm, Frankenthal, gegossen wurde.

In der Krypta, deren Decken, Wände und Böden die aufwendige Inkrustationstechnik vorweisen, ist maßstabsgetreu eine Nachbildung des Heiligen Grabes in der Grabeskirche von Jerusalem eingebaut. Denn nach altem Glauben aus dem Spätmittelalter gab der Ort eines solchen Baus die Gelegenheit, den Bestatteten die Sühnewirkung des Opfers Christi zu Gute kommen zu lassen. Im 19. Jahrhundert trat in Deutschland eine Heilig-Grab-Renaissance auf. Jacobi hatte sich selbst mit der Thematik befasst und einen Artikel geschrieben. Es ist anzunehmen, dass dies auf das Ehepaar Jung beeinflussend gewirkt hat.

 

Zwei Öllampen hängen im ersten Raum, nachdem man durch das im Süden liegende Portal mit dem Jerusalemer Kreuz die Treppenstufen hinabgegangen ist. Gleich links führt ein Eingang zu einem Raum, der sogenannten Engelkapelle, mit der Skulptur eines Engels.

 

Der weitere kleine Durchgang führt zum eigentlichen Grab, dessen Wände zusätzlich mit Taunusquarzit geschmückt sind. Der Leichnam Jesu ist mit einer Holzplastik, die über Jahrzehnte im Turm der Pfarrkirche St. Marien aufbewahrt wurde, im Heiligen Grab dargestellt. Fünf Öllampen befinden sich an alten Haken aus der Erbauerzeit.

 

Durch die zweite Öffnung links gelangt man in einen Vorraum zur Grabstätte des Stifterehepaars Rosalie und Johannes Jung, deren Gräber jeweils in die Seitenwände eingelassen sind. Hier brennt eine Osterkerze als Zeichen unseres Glaubens an die Auferstehung.

 

Ein Weihwasserbecken aus Marmor ist der Schmuck im Eingangsbereich und erinnert mit dem Weihwasser an das Sakrament der Taufe. Die drei Eisentore in der Krypta sind aus der Erbauerzeit und wurden 2010 restauriert.

 

Die Fensteröffnungen sind mit einer Ornamentik aus Stahl erneuert und mit einem luftdurchlässigen Drahtgeflechtgeschlossen, so dass zumErhalt der Inkrustation eine dauernde Durchlüftung gewährleistet ist.

 

Ebenfalls an der Südseite befindet sich unter der Sakristei ein Raum, der als “Ort des Gedenkens für die Opfer der Kriege und Gewalt“ eingerichtet ist. Von außen gelangt man über vier Stufen in diesen Raum, der mit der alten renovierten Holztüre geschlossen werden kann. Davor wurde eine neue offene Eisentür angebracht, die den Blick nach innen zulässt. Ein schwarzes großes Basaltkreuz – gestiftet von der Firma Seiffert, Kirdorf – und eine Öllampe sollen an die Opfer der Kriege und Gewalt erinnern: der Toten der beiden Weltkriege, der Toten der Kriege und der Auseinandersetzungen der vergangenen Jahrzehnte und vieler Namenloser. Ebenfalls soll dies ein Ort des Gedenkens der Verstorbenen sein, die wegen ihrer Rasse, Kultur, Weltanschauung oder Religion um ihr Leben kamen.

 

Ein Kreuz mit Teilen der Mauer des geteilten Deutschland (1961 – 1989) erinnert an die tragische und schicksalhafte Geschichte und die unblutige Revolution der Wiedervereinigung unseres Landes am 3. Oktober 1990.

 

Die Renovierung in den Jahren 2005 – 2010 wurde ermöglicht durch großzügige Spendenmittel Bad Homburger Christen, Zuschüsse des Hochtaunuskreises und der Stadt Bad Homburg, sowie durch Rücklagen im Haushalt des Katholischen Friedhofs.

 

Die gute Zusammenarbeit zwischen dem Pfarrgemeinderat St. Marien, dem Verwaltungsrat St. Marien, dem Förderverein St. Marien, dem Kuratorium „Katholischer Friedhof“, der Friedhofsverwaltung, dem Diözesanbauamt, dem Hochtaunuskreis, der Stadt Bad Homburg, der Unteren Denkmalschutzbehörde und den Architekten ließen diese Maßnahme zu.

Die Friedhofskapelle, die Krypta mit dem Heiligen Grab und der Raum des Gedenkens für die „Opfer der Kriege und Gewalt“ wurden nach fünfjähriger Renovierung am 1. November 2010 von Pfarrer Werner Meuer wieder eingeweiht. Zahlreiche Christen Bad Homburgs und der Umgebung, sowie der Landrat des Hochtaunuskreises Ulrich Krebs, der Oberbürgermeister der Stadt Bad Homburg Michael Korwisi, die Vorsitzende des Pfarrgemeinderats Michaela Walter, der Vorsitzende des Verwaltungsrats Ewald Lederer, die Verwalterin des Friedhofs Monika Ochs, der Vorsitzende des Fördervereins St. Marien Reinhard A. Wolters und die Vorsitzende des Kuratoriums Katholischer Friedhof Bad Homburg Ricarda Schulze Dieckhoff nahmen an der Wiedereinweihungsfeier teil.

 

Die festliche Musik der Feier gestaltete Bernd Müller an der renovierten elektronischen Orgel der Friedhofskapelle und Monika Müller mit der Querflöte.

Ein Dokument dieses Ereignisses wird in der Sakristei der Kapelle aufbewahrt.

 

Die Friedhofskapelle und die Friedhofsanlage mögen mitten in unserer Stadt auch in Zukunft ein Ort der Erinnerung, des Gedenkens und der christlichen Hoffnung auf die Auferstehung sein.

 

Werner Meuer, Pfarrer

 

 

 

 

 

 

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